Am 9. Mai fand im Konzertsaal Steintor Varieté das 31. Internationale Kinderchorfestival statt. Die neun Chorgruppen aus Deutschland (Halle und Magdeburg), Dänemark, Schweden, Ungarn, Frankreich, Georgien, der Ukraine und China nahmen die Zuschauer ins zauberhafte musikalische Kindermärchen mit dem Titel «Geschichte eines Schlosses» für fast zwei Stunden mit.
Zuerst traten die jungen Zöglinge der halleschen Gesangsschule auf. Sie haben das Festival mit dem Begrüßungslied eröffnet. Hinterher gingen die kleinsten Teilnehmer des Festivals zur Bühne — die Gäste aus der chinesischen Partnerstadt Jiaxing. Abwechselnd sang jede Chorgruppe drei Lieder. Dabei hielten sich die Hallenser an den klassischen Aufführungsstil und die Chinesen fügten ihrer Darbietung ein paar emotionale Bewegungen hinzu. Diesem Vorbild des chinesischen Ensembles folgten später Dänen, Ukrainer und Schweden.
Ein schöner, fast kirchlich-engelhafter Gesang der ersten Gruppe wurde dadurch getrübt, dass es einem der Mädchen in der zweiten Reihe schlecht wurde. Vor Aufregung war sie einer Ohnmacht nah, aber der Leiter des Chores übergab sie rechtzeitig ihren Organisatoren.
Unsere Nordnachbarn eroberten das Publikum nur mit weiblichen Stimmen. Kleine Umgruppierungen auf der Bühne, Lichtinstallationen und Rauscheffekte führten dazu, dass sie sich wesentlich von dem allgemeinen Hintergrund abhoben und dem Zuschauer einprägten. Auch die Jury hat das Talent der Mädchen aus Kopenhagen hoch anerkannt.
Die Franzosen boten die klassischen Werke von Chopin und Bizet dar und das Klavierspiel ihres Leiters wurde zu einem der unverzichtbaren Bestandteile der Vorstellung. Die Ukrainer entspannten die allgemeine pathoshafte Atmosphäre mit rosa Kostümen und scherzhaften Liedern. Während die Schweden die Bühne in ihren Nationaltrachten betraten, hatten die Choristen aus Magdeburg Jeans und T-Shirts an, damit betonte sie die Stilbesonderheiten ihres Schaffens.
Es kam nicht ohne Improvisation aus: die Organisatoren des Festivals baten um Aufmerksamkeit und führten ein Lied auf, das sie kaum gelernt hatten —sie lasen den Text ab. Aber im Prinzip schwächte das den Eindruck von der Melodie und den professionellen-schönen Stimmen nicht ab. Zum Höhepunkt der Veranstaltung wurde die Aufführung der georgischen Künstler. Mit der Begleitung der Nationalinstrumente sangen und tanzten sie ganze 15 Minuten – Hochzeitstanz, Akrobatenstücke der kleinen Bergbewohner in Kosakenmützen und ein faszinierendes Hirtenflötenspiel… Es schien als bliebe die Zeit stehen, verzaubert von der Sanftheit, Zierlichkeit und dem Wohlklang ihrer begeisterten Darbietung!
Die Jury hat sich lange beraten und schließlich niemandem Unrecht getan. Zu den Besten Chorgruppen wurden die schwedischen Musiker, zu den besten Leitern – die Dirigenten der Kinderchöre aus China und Dänemark anerkannt. Die Ehrenurkunden in der Kategorie «Entdeckung des Festivals» bekamen die Gruppen aus Frankreich und der Ukraine und die Einheimischen, weil sie zum wiederholten Male bewiesen hatten, dass das Deutsche eine sehr sangbare Sprache ist! Was den Publikumspreis anbetrifft, so ging er nach Tiflis.
Als der Vorhang auf der Bühne des Steintor Varieté wieder fiel, war das Märchen zu Ende. Und das war ein Happy-End! Es waren leider keine russischen Teilnehmer dabei: am 9. Mai hätten sie mit „Katjuscha“ bestimmt für Furore gesorgt… Obwohl: das ist schon wieder ein ganz anderes Märchen!
Julia Baydzhanova, Mai 2010