Mitte Januar 2014. Ich bin in der Küche von Irina Sucharewa. Da kommen wir plötzlich auf die Idee, dass ich für ein Jahr nach Halle als Freiwillige fahre. Da strömen alle Erinnerungen vom Studentenaustausch Ufa-Halle 2010 zusammen. Ich hab viele neue Freunde gewonnen und mich in Halle verliebt! Für die Austauschteilnehmer ist es ein Traum wieder nach Deutschland und zwar nach Halle zu fahren – da ist es doch klar, dass ich diese Chance nicht verpassen wollte.
Erstmal muss man fürs Projekt viel Papierkram sammeln. Um meinen Traum, nach Halle zu fahren, Wirklichkeit werden zu lassen, musste ich viel Geld und viel Mühe investieren. Nur um ein Visum zu bekommen, musste ich nach Ekatarinenburg fahren, ein Vorstellungsgespräch führen und danach noch warten… ob ich das Visum bekomme oder nicht.
Bei all diesen bürokratischen Sachen und dem Warten glaubst du noch nicht, dass du Glück hast und nach Deutschland fahren darfst, da alles nicht von dir, sondern vom „Herrn Schicksal“ abhängt.
Bei mir herrschte Verwirrung, alles war unklar. Einerseits habe ich in Russland eine feste Arbeit, meine Familie, meinen Freund Vitalik, anderseits aber Halle mit meinen hallischen Freunden, neue Emotionen und einfach eine Möglichkeit in einem fremden Land zu wohnen und in ein neues europäisches Leben einzutauchen.
Das Schicksal meinte es gut mit mir und schenkte mir die Ehre 8 Monate in der EU, in Deutschland, in Halle zu wohnen.
5 Mai 2014, früher Morgen, der Koffer ist gepackt, Flugkarten in den Händen. Das Flugzeug wartet schon auf der Startbahn. Los geht`s… wir fliegen nach Deutschland!
Dass ich in einem fremden Land bin, begreife ich erst am nächsten Morgen, am 6.Mai. Das Anpassen fällt mir schwer. Ich bin jetzt in einer Stadt, in einem Land, wo man eine Fremdsprache spricht, wo es eine ganz andere Lebensweise gibt und wo sogar die Infrastruktur sich stark von unserer unterscheidet – da kann man schon einen kleinen Kulturschock bekommen. Man sagt: jeder Mensch gewöhnt sich an alles und das mache ich auch. Das schwerste für mich ist das Leben ohne Vitalik.
Nach 8 Projektmonaten mach ich mich dann mit großer Freude auf den Weg nach Hause. Wenn man in ein neues, fremdes Leben eintritt, stellt man das Tüpfelchen aufs i. Genau das passierte mit mir – nur hier habe ich verstanden, was ich vom Leben will, was für eine nahe Beziehung ich zu meiner Familie habe und überhaupt wie meine Zukunft sein soll.
Momentan habe ich 2 Mega-Aufgaben: 1. eine Wohnung für mich finden und 2. Deutsch in einer Volkshochschule lernen. Ein Fahrrad habe ich schon, denn ohne ist es hier schwer klarzukommen.
Vera Tokarewa / Übersetzt von Alöna Mironowa, Mai 2014