Schon die ganze letzte Woche sprach mein Mitbewohner sehr oft von der Langen Nacht der Wissenschaften und dass er dafür noch viel vorbereiten müsse. Um ehrlich zu sein, hat mich das nicht wirklich interessiert. Was kann ich dafür, dass mein Mitbewohner Überstunden machen muss. Wahrscheinlich hat er wieder ganze Tage in der Mensa oder mit jungen Studentinnen verbracht… Tja, da muss man dann nachts halt nacharbeiten. So hab ich es mir zumindest vorgestellt.
Es rückte die ominöse Lange Nacht der Wissenschaften näher und überall sprachen die Studenten schon darüber. Da wurde mir klar, dass entweder alle faulen Wissenschaftler in dieser Nacht ihren Arbeitsrückstand nacharbeiten müssen, oder ich irgendwas falsch verstanden habe. Zweites war des Rätsels Lösung!
Es handelt sich um eine Art «Nacht der offene Hochschule». Die einzelne Fakultäten der Martin Luther Universität zeigen den interessierten Bürgern ihre Räumlichkeiten, stellen ihre Forschungsprojekte vor und versuchen die Leute einfach von der Wissenschaft zu begeistern. So wurden von 18.00 Uhr bis 1:00 Uhr nachts mehr als 300 verschiedene Veranstaltungen durchgeführt. Das ganze Programm war sehr gut organisiert, man konnte mit kostenlosen Bussen zwischen den einzelnen Fakultäten hin und her fahren. Es gab überall Stände mit Getränken und Verpflegung. Die Bevölkerung nahm das Angebot sehr dankbar an, es war überall voll. Was mich persönlich sehr überrascht hat, war der Anteil weißhaariger Besucher. Des Weiteren war ich ausgesprochen von dem Interesse der Besucher erstaunt, es wurden nicht nur die üblichen Highlights, wie die Anatomische Sammlung der Medizinische Fakultät oder verschiedene Bierbuden dicht umlagert. Nein, selbst Vorträge zur landwirtschaftlichen Nutzung Zentralrusslands oder Vorträge über Platon und Nietzsche waren sehr gut besucht.
Selbst die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (Nationale Akademie der Wissenschaften) nahm an dem Abend teil und öffnete ihre sonst der Bevölkerung verschlossenen Pforten. Hier fanden mehrere öffentliche Debatten hochrangiger Teilnehmer statt. Auch gab es eine interaktive Ausstellung zu populärwissenschaftlichen Themen, wo selbst dem Kindesalter längst entrückte Herrschaften ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen konnten.
Aber selbstverständlich wurde auch auf mehreren Bühnen musikalisch und tänzerisch einiges geboten. So gab es allerdings auch einige Veranstaltungen, über welche ich recht schmunzeln musste – wie zum Beispiel Gummistiefelweitwurf oder Kuhwettmelken.
Das war ein toller Abend, großes Lob an die Veranstalter, die Universität und auch an das interessierte Publikum.
Ilia Nasyrov, Juli 2013