Die „Deutschen Tage in russischen Regionen“ sind eine Tradition, die aus dem deutschen Kulturjahr 2004 in Russland hervorgegangen sind und sich mittlerweile zu einer wichtigen Tradition etabliert haben. Ziel der Kulturbegegnung ist es, einen Einblick in die deutsche Kultur zu geben, sowie Austausch und Verständigung zwischen den beiden Völkern voranzutreiben. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf die Vorstellung und Unterstützung der Personen, Organisationen und Institutionen gelegt, die sich besonders für die Förderung der deutschen Sprache und der deutsch- russischen Beziehungen einsetzen. Die zahlreichen Veranstaltungen während der Deutschen Woche sollen ein facettenreiches Deutschlandbild vermitteln und unter anderem auch die Jugend an der deutschen Sprache interessieren.
Vom 12. – 17. April fand die „Deutsche Woche 2010“ in Ufa statt. Verschiedene Wettbewerbe, Konferenzen, Ausstellungen, Konzerte und die deutsche Filmwoche sprachen ein breites Publikum an. Organisiert wurden die Veranstaltungen vom Deutschlehrerverband der Republik Baschkortostan.
Einige Wettbewerbe und Festivals bereiteten schon im Vorfeld auf die Deutsche Woche vor. Unter anderem bot das Kindertheaterfestival in der Schule 86 am 08.04.2010 einen ersten Einblick in die Deutschkenntnisse der baschkirischen Schüler. Schülertheatergruppen aus ganz Baschkortostan präsentierten ihre deutschen Theaterstücke, darunter unter anderem lyrische Werke wie den Erlkönig und Märchen. Deutsche Gäste saßen dabei erstmals in der Jury und setzten sich mit dem Prinzip des russischen Wettbewerbs auseinander. Denn in Russland ist jeder Teilnehmer ein Gewinner und soll mit einem Zertifikat zur Motivation am Deutschlernen ausgezeichnet werden.
Am Montag, den 10.04. fand die feierliche Eröffnung der Deutschen Woche statt. Die Gewinner der ausgeschriebenen Wettbewerbe wurden ausgezeichnet, sowie sehr engagierte Deutschlehrer geehrt. Eine wissenschaftlich-praktische Konferenz bot beim praktischen Seminar Einblicke zu „Aktuellen Fragen des DaF-Unterrichts – Moderne Methoden und Technologien“. Umrahmt wurde das ganze durch ein Konzert- und Theaterprogramm der Deutschschüler und Studenten der philologischen Fakultäten Ufas.
Am Nachmittag eröffnete man die Fotoausstellung „Der Schwarzwald“, die bis zum 30.04.2010 weiterhin im Deutschen Lesesaal zu betrachten war.
Um 18 Uhr begann die feierliche Eröffnung des deutschen Filmfestivals im Kino Rodina. Mit einem reichhaltigen Büffet und Sekt, kleinen Ansprachen und einem Filmquiz zum deutsch- türkischen Regisseur Fatih Akin wurde das Festival unterhaltsam eingeleitet. Als erster Film der abendlichen Kinovorstellungen im Rahmen der Deutschen Woche wurde der italienisch- deutsche Streifen „Solino“ gezeigt. Eine sehr gelungene Eröffnung und adäquate Kinopreise lockten im Laufe der Woche zahlreiche Besucher in das Lichtspielhaus. Im fast immer vollen Kinosaal gab es die Filme „Solino“, „Kurz und schmerzlos“, „Gegen die Wand“, „Auf der anderen Seite“, sowie „Crossing the bridge“ zu sehen, alle unter Regie von Fatih Akin entstanden.
Am Folgetag, den 11.04. fand im Kulturpalast Orion das Schülerliederfestival statt. Schüler und Schülerkollektive aus verschiedenen Schulen in der Republik reisten früh am Morgen an und intonieren deutsche Pop- und Volkslieder auf der Bühne. Es gab sehr unterschiedliche Beiträge: aktuelle deutsche Poplieder fanden viel Anklang und bei einer Schülerband wurde es beim Rammsteincover „Ohne dich“ lauter auf der Bühne. Auch Schlager und Musicals ertönten. Das Lieblingslied der Akteure war eindeutig der Soundtrack „Wer bin ich“ aus dem aktuellen Kinofilm Twilight, der insgesamt sechs Mal erschallte. Auch dieses Mal besetzten die deutschen Gäste die Juryränge mit. Als Preise wurden Ranzen, Rucksäcke und Zertifikate vergeben.
Am Nachmittag ab 15 Uhr fand im Gymnasium 39 der Tag der Deutschen Sprache statt. Unterrichtsprojekte wurden vorgestellt und am Runden Tisch äußerte sich Ehrengast Hans-Ehrenfried Mathé, Vorsitzender der West-Ost-Gesellschaft des Landes Baden-Württemberg e.V. zum Thema „Sitten, Bräuche und Traditionen des deutschen Volkes“. Eine Neuauflage des Schneewittchens, deutsche Lieder und kleine Präsentationen überzeugten beim bunten Rahmenprogramm vom Niveau der Deutschklassen.
Am Mittwoch gab es das Studentenliederfestival in der Baschkirischen Staatlichen Pädagogischen Universität zu erleben. Dieses Mal reisten Studenten aus ganz Baschkortostan an, um am Wettbewerb um das beste Deutsche Lied teilzunehmen. 22 Studentenkollektive performten verschiedenste deutsche Lieder mit nett arrangierten Choreografien und teilweise Computerpräsentationen. Dieses Mal wurde der Fokus auf folgende Bewertungskriterien gelegt: Musikalität, Aussprache & Charisma. Am Ende wurden zwei Grand- Prix- Preise und je zwei erste bis dritte Plätze verliehen. Außerdem wurden acht Sonderplatzierungen für u.a. bester Artist, Charisma, Gold- und Silberstimme, witzigstes Lied und bestes Volkslied vorgenommen.
18 Uhr begann im gleichen Saal das Abschlusskonzert mit den Siegern der letzten zwei Tage, das von der deutschen Corinna Sons organisiert wurde. Der Schüler Danil sang wie ein kleiner Karel Gott im weißen Anzug „Das schönste Weihnachtslied“ sowie „Mackie Messer“ und begeisterte das Publikum. Außerdem erklangen ein Chor, eine Solistin mit Rosenstolz‘ „Liebe ist alles“ und Michelles Grand- Prix- Schlager „Ein bisschen Frieden“. Den Beginn und Abschluss des Konzertes gestaltete die russisch- deutsche Band „GASTARBAiTERKA – Heleno4ka i rebjata“ aus Moskau und Berlin. Russische Klänge mit deutschen Texten rundeten das Siegerkonzert zur Deutschen Woche ab.
Am nächsten Tag fand parallel zur Gründungskonferenz des Schulverbandes eine Konferenz für Germanistikstudenten statt. Die Studenten bereiteten Vorträge zu verschiedenen Themenbereichen über „Aktuelle Probleme in der deutschen Philologie“ auf und stellten sie einem Lehrerkollegium vor. Auf der Gründungskonferenz hingegen gründete man den Schulverband INTERKIND, bei dem unter anderen alle Universitätsrektoren Ufas und Bildungsminister Mitglied sind.
Am Abend gab die Band „GASTARBAiTERKA“ ein Gastkonzert im Jazzclub der Stadt Ufa.
Einen weiteren Höhepunkt bildete der Dolmetscherwettbewerb am Freitag in der Romano- philologischen Fakultät (FRGF) der Baschkirischen Staatlichen Universität. Um 14 Uhr begann die Veranstaltung, bei der Studenten aus der FRGF und aus Orenburg um den Platz des besten Dolmetschers antraten. Die Jury wurde diesmal von Studenten des 5. Semesters gebildet, die fachkundig die Anwärterinnen bewerteten. Übersetzt wurden 5minütige Beiträge der anwesenden deutschen Gäste, die kleine Referate zu verschiedenen Themen hielten. Es gab Beiträge über Kleidung in Deutschland und Russland, Ausländer in Deutschland und Russland, Kulturschock, Wehrdienst in Deutschland, zweisprachige Kinder und Kochen in Russland. Auf die acht Themen konnten sich die Teilnehmer im Vorfeld sprachlich vorbereiten. Die Veranstaltung wurde sehr gut von Studenten des vierten Semesters organisiert, sodass es durchweg unterhaltsam war. Ein buntes Rahmenprogramm gestaltete Übergänge zwischen den Übersetzungen oder bereitete sie inhaltlich amüsant auf. Präsentiert wurden verschiedene Sketche, Lieder und eine Simultanübersetzung eines Filmes über Baschkortostan.
Die Mischung aus den interessanten Redebeiträgen der Deutschen, sowie des abwechslungsreichen Programms der Studenten ergab eine sehr gelungene Veranstaltung, die einen hervorragenden Ausgang der Deutschen Woche bildete.
Die Abschlussveranstaltung zur Deutschen Woche fand am Samstagnachmittag in Form eines Runden Tisches statt. Es wurde reflektiert und diskutiert. Zum Thema „Deutsch republikweit: Erfahrungen und Perspektiven. Die Zusammenarbeit mit Kulturmittlerorganisationen“ äußerte sich Ehrengast Hans-Ehrenfried Mathé. Außerdem wurden Kurzfilme und das Video-Projekt „Baschkortostan – Deutschland: Brücken der Freundschaft“ der Schule 103 gezeigt. Die gemeinsame Reflexion zeigte auf, dass aus den gegebenen Mitteln und Möglichkeiten eine schöne und erfolgreiche Veranstaltungswoche geschaffen wurde.
Dem Deutschlehrerverband und allen beteiligten Organisatoren ist es auch in diesem Jahr gelungen, ein umfangreiches Angebot für die „Deutsche Woche“ auf die Beine zu stellen. Durch verschiedene Aktionen und Höhepunkte konnte ein guter Einblick in die Entwicklung der deutschen Sprache in Baschkortostan vermittelt werden. Der interkulturelle Dialog und Austausch erfolgte auf verschiedenen Dimensionen. Die Ideenvielfalt zur Darstellung der deutschen Kultur reichte von Musik, Literatur und Sprachwettbewerben bis hin zu gesellschaftspolitischen Diskussionen und wissenschaftlichen Seminaren. Die „Deutschen Tage in den russischen Regionen“ sind eine Veranstaltung, die sich mittlerweile russlandweit verfestigt hat und vor allem in Ufa zu einem Höhepunkt im jährlichen Kulturkalender geworden ist. Die Deutsche Woche – ein Festival und Denkmal für die deutsche Sprache und Kultur.
Julia Hoppe, Mai 2010