Ein deutscher Film über einen russischen Krieg
Ich bin nie beim Militär gewesen. Außerdem will ich in nächster Zukunft alles tun, mir die Ehre, in der russischen Armee dienen zu dürfen, zu ersparen (in Russland gibt es eine Wehrpflicht über 2 Jahre). Trotzdem liebe ich meine Heimat. Genauso verehre ich die Wahrheit.
Am 23. Januar konnte man sich in Halle im Kino „La Bim“ den Dokumentarfilm „Weiße Raben“ ansehen. Der Film hat bei uns ein sehr komisches Gefühl hinterlassen. Wir waren ja bereit, eine einseitige kaum pro-russische Sichtweise vor die Augen zu bekommen, aber, aber, aber…
Der Film ist dem Tschetschenien-Konflikt und dessen Konsequenzen gewidmet. Zwei Figuren aus dem Film sind Krüppel. Der Dritte… naja, er kommt später noch ins Spiel. Am Anfang bleibt es unklar, worauf die Autoren hinaus wollen, was sie uns zeigen wollen. Der Film springt von einer Figur zur anderen. Man versteht gar nicht, wozu ein Soldat aus dem Afghanistan-Krieg, satt und gepflegt, in Erscheinung tritt. Er erzählt beim Tee, wie er den Kopf eines minderjährigen Mädchens zerschlagen hat, weil das Mädchen auf seinen Freund geschossen hat. Er tut das ruhig: „Ja, ich habe es ermordet. Ja, es kommt zu mir bis jetzt in meinen Alpträumen.“ Das sieht falsch und unaufrichtig aus. Dann heißt es, ja, er habe es ermordet, und diese Alpträume seien seine Buße… – Ich glaube daran nicht. Außerdem ist das Erscheinen des „Internationalisten-Kriegers“ (Bezeichnung der sowjet. Presse für sowjet. Afghanistankrieger) überhaupt nicht berechtigt.
Der sonderbare Schnitt trägt auch zur Verwirrung bei – die Autoren vermischen ganz unverschämt, ohne das Datum zu zeigen, Materialien verschiedener Jahre von 2000 bis 2004. Die merkwürdigen Hauptfiguren verwirren genauso. Man weiß nicht warum der Regisseur gerade diese in seinen Film genommen hat. So kann der Krieg nicht erschrecken, nicht ergreifen. Dadurch sieht er ganz und gar ziellos aus.
Und „natürlich“ konnte man ohne russische Sadisten in der Uniform nicht auskommen! Erst am Ende des Films wird „klar“, dass die Frau in Handschellen „einfach nur“ Scharfschützin ist, dass die Männer, die hier mit dem Gesicht nach unten liegen, „einfach nur“ bewaffnete Banditen, „Rebellen, die für ihre Freiheit kämpfen,“ sind…
Hier in Europa herrscht eine sehr komische Vorstellung vom Tschetschenien-Krieg. Kaum jemand, der mehr oder weniger an Russland interessiert ist, weiß über den Angriff auf Dagestan Bescheid und darüber, dass es zwei Tschetschenien-Kriege gab. Man nimmt den Krieg als Freiheitskampf der Tschetschenen wahr und vergisst völlig die Opfer der Attentate der „tschetschenischen Freiheitskämpfer“ auf einfache friedliche russländische Bürger.
Der dritte „Held“… ein Junge mit klaren Augen, hat drei Monate in Gefangenschaft verbracht. Das unglückliche Opfer des Krieges… doch erst später kommt es ans Licht, dass das „unglückliche Opfer“ wegen Vergewaltigung eines neunjährigen Mädchens vor Gericht steht. Die Armee und der Krieg seien daran Schuld, aber klar doch…! Doch natürlich ist die Reihenfolge dabei wichtig.
Die dargestellten (und erzählten) Brutalitäten erschrecken, aber viel mehr noch erschrecken die Erzählungen einer Frau aus dem Komitee der Soldatenmütter Russlands über Tschetschenien, die mit einem Lächeln dargeboten werden. Und mit demselben Lächeln, auf dieselbe sorglose Weise berichtet sie über die Brutalitäten der russischen Streitkräfte
Über die Handlungen der „Freiheitskämpfer“ wird im Film kein einziges Wort gesagt. Der Titel „Weiße Raben“ ist schwer zu deuten. Zumindest wir konnten es gar nicht erraten…
D. Mukhametkulov, A. Vasiliev, 27.01.06