Das Erntefest ist für viele – wenn nicht für alle – Völker, die ihre Geschichte haben, etwas sehr Eigenes. In uralten Zeiten symbolisierte dieser Tag den Wechsel der Lebenszyklen, den Übergang von der sommerlichen Lebensweise zur winterlichen. Für das Leben der Bauern bis Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts hatte dieses Fest eine sehr wichtige Bedeutung.
Aber die Zeiten sind vorbeigegangen. Mit der Einführung und Verbreitung von Kalendern verlor dieses Fest seine regulative Rolle. Jetzt bleibt es nur die symbolische Grenze zwischen Sommer und Winter.
Die Deutschen sind jedoch ein Volk, das sehr gern feiert. Sie können gut arbeiten, aber genauso gut können sie sich erholen. Und an diesem Wochenende wurden die beiden Plätze, der Marktplatz und der Alte Markt, zum Schauplatz für das große Volksfest.
Diesmal war das Fest durch seinen deutlich landwirtschaftlichen Charakter geprägt. Fahrten auf Pferden und Traktoren, Jahrmarkt – ich konnte mir nie denken, dass man in Deutschland irgendwo einen 50 Kilo Sack Kartoffel kaufen kann. Das ganze Wochenende wurde auf dem Marktplatz Musik gespielt und Aufführungen dargeboten – ich kann noch nicht mal Worte für die auf der Bühne herrschende Vielfalt finden.
Die festliche Atmosphäre spürte man allerorts. Man sah Menschenmengen, hörte verschiedene Töne von überall her: fließende Musik, das Knacken der Würste auf dem Grill, Lärm und Gebrumm…
Das ganze Wochenende schien die Sonne, es war unherbstlich warm, sogar heiß. Und am nächsten Tag fing es zu regnen an, es wurde trübe. Der richtige Herbst zog ein. So bekommt man einen Eindruck von der Genauigkeit des Volkskalenders…
D. Mukhametkulov, A. Vasiliev, 02.10.06