Vom 14. bis zum 16. Mai fand in Berlin der Kurultay (Kongreß) der Baschkiren der Europäischen Union und des außereuropäischen Auslandes statt. 100 Teilnehmer aus 13 Staaten sind dazu in die deutsche Hauptstadt gekommen um die Delegierten zum Dritten Weltkurultay der Baschkiren zu wählen. Er findet in Ufa vom 11. bis 12 Juni. im Rahmen des regionalen Jahres der Republik statt und eröffnet die Feier des 20-jährigen Jubiläums der Souveränität der Republik Baschkortostan. Nicht weniger wichtig war die Entscheidung, den Kurultay der Baschkiren des Auslandes zu organisieren. Aber über alles der Reihe nach.
Wir, die Vertreter des Vereins „Freunde Baschkortostans e. V.“ und Zuständigen für die Partnerbeziehungen Halle-Ufa, konnten solch ein Ereignis nicht verpassen. Die Organisatoren des Kongresses haben alle Baschkiren eingeladen, die in der BRD (momentan oder dauernd) wohnen. Apropos war Berlin für den Kongress aller Baschkiren des Auslands nicht zufällig gewählt: erstens ist es das Herz der Europäischen Union, wo viele unserer Landsleute nun wohnen, zweitens gibt es einen guten Flughafen in der Stadt und drittens gibt es das Russische Haus – wo die Tagung stattfinden, man sich erholen und in der Not schnell russischsprechende Helfer finden kann.
Berlin empfing uns mit den Großbauten, Staus und Pferdewagen — alles kam im Herzen Deutschlands durcheinander. Aber ein zauberhaftes GPRS brachte uns direkt zum Russischen Haus der Wissenschaft und der Kultur. Auf der Fassade des Gebäudes stand auf Russisch, mit goldenen Buchstaben und fettgedruckt geschrieben: «25 Jahre in Berlin ».
Je mehr ich von unserer Organisation und ihrer Verbindung mit Baschkortostan erzählte, desto größer wurden die Augen von Julamanowa Gulfina. Sie verstand, dass sie noch einen Menschen für die Lösung der organisatorischen Probleme gefunden hatte.
Deshalb ist es sich nicht verwunderlich, dass ich die 46 Menschen umfassende baltische Delegation zu empfangen hatte, ohne Vorstellung über die Stadt, den Weg und die Menschen, die ich im Flughafen begrüßen sollte. Die Journalistenauffassungsgabe half mir wunderbarerweise die Landsleute im Hotel abzuliefern.
Beim Frühstück sahen alle anders aus – fit wie ein Turnschuh und lustig. Tischgespräche begannen jedoch nicht. Jeder dachte neugierig an den bevorstehenden Kongress. Rieten, warum sie eingeladen wurden, ob es Großzügigkeit, baschkirische Demokratie oder durchdachte Geldwäsche wäre…
Die Hymne Russlands, die Hymne der Republik Baschkortostan und die Hymne vom Weltkurultay der Baschkiren – das Volkslied „Ural“ wurde würdevoll präsentiert. Einigen stand im Gesicht geschrieben, wie ihre Herzen beim Laut der heimischen Melodien flatterten. Mit einer andachtsvollen Ergebenheit setzten sich die Delegierten und spendeten Asamat Galin Beifall, dem Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Internationalen Bundes der gesellschaftlichen Vereinigungen „Weltkurultay (Kongress) der Baschkiren“. Er eröffnete die Sitzung vom Kurultay der Baschkiren der Europäischen Union und des außereuropäischen Auslandes, gab die Zahl der angekommenen Delegierten bekannt und verkündigte die Tagesordnung.
Dann ergriff Sergej Nikolajewitsch Lawrentjew, der staatliche Präsidentenberater der Republik Baschkortostan und der stellvertretende Vorsitzende des Vereins der russisch-deutschen Freundschaft „Baschkortostan — Deutschland» das Wort. In seiner schwungvollen Rede rief er die Delegierten auf, sich immer bewusst zu sein, dass sie die Vertreter der Republik im Ausland seien Und danach las er dem Kongress die Botschaft des Präsidenten der Republik Baschkortostan Murtasa Gubaidullowitsch Rachimow vor, dessen Hauptinhalt man in der abschließenden Phrase formulieren könnte: «Ihre Leistungen sind der Erfolg unserer Republik!»
Nächstfolgend ging Ildus Gubajdullowitsch Ilischew zum Mikrofon, der Stellvertretende des Ministerpräsidenten der Regierung, der Minister für Kultur und Nationalpolitik der Republik Baschkortostan. Er widmete seinen Auftritt dem bevorstehenden III. Weltkurultay der Baschkiren und der Nationalselbstbestimmung. Zum Schluss schlug er initiativ vor, in Berlin Sabantuis durchzuführen und diese Idee wurde heftig nicht nur von den deutschen Delegierten, sondern auch von der Leitung des Russischen Hauses unterstützt.
Michail Michajlowitsch Wladimir, der Leiter der Außenstelle „Rossotrudnitschestwo“ in der BRD und der Direktor vom Berliner «russischen Fort» bot sofort die Räume für den künftigen Feiertag an, bat um häufigere Konzerte der Nationalensembles — die so ungewöhnlich für Deutschland und so herznah für die Landsleute sind. «Unser Haus — Ihr Haus!» – erklärte er.
Und der Saal war voll mit den Landsleuten. Und vielen gelang es, eine Rede zu halten. Die Delegierten aus den USA, England, Frankreich, Deutschland, Italien, Portugal, Estland, Lettland, Israel, Ägypten, Brasilien, China und Japan erzählten über sich, über das Leben im Ausland und die Möglichkeiten, die nationale Eigenheit zu bewahren. Einen beeindruckenden Fortschritt erreichten die estnischen Baschkiren, die einige Jahre hindurch großzügige Feiertage veranstalten, den Kindern Muttersprache und religiösen Anfangsgründe beibringen. Und obwohl man seine baschkirischen Worte mit dem estnischen Akzent von der Bühne aussprach, war das der Beweis dafür, dass man einen Baschkiren in sich weit vom heimatlichen Ural bewahren kann.
Die Wahl von 15 Menschen für die Fahrt auf den Weltkurultay der Baschkiren im Juni machte einen Strich unter dem offiziellen Teil der Sitzung vom Kurultay der ausländischen Baschkiren. Es wurde parallel dazu auch entschieden, den Kurultay der Baschkiren der Europäischen Union und des Auslands zu gründen. Um die Möglichkeit zu haben zusammenzukommen, wurde der primäre Rat gegründet, dessen Mitglieder auch durch Abstimmung gewählt wurden. Danach verlieh Asamat Galin unseren Landsleuten Ehrenurkunden und Dankbriefe, die einen großen Beitrag für die Förderung des Images von Baschkortostan in der Weltgemeinschaft geleistet hatten.
Nach dem Geschäftslunch in einem der Restaurants im Stadtzentrum, das viele Menschen durch ein interessantes Aussehen der Kellner und eine spezifische Küche beeindruckt hatte, war der Festakt des Kongresses der Baschkiren dran. Zuerst war im Programm das Konzert des Ensembles „Kurajsy“ von Robert Juldaschew. Eine merkwürdige Musik, eine wahnsinnige Energie und eine aufregende Video-Begleitung ließen niemandem gleichgültig bleiben. Die Menschen standen auf, blödelten, weinten und klatschten bis zum Schmerz. Die Heimatmotive gingen ins Blut. Der Ural, die Belaja, Pferde, Biene und Kumis klangen traurig in jedem Herzen und man wollte wegen dieses Heimwehs in den Flughafen laufen und die Flugkarten nach Ufa kaufen.
Der zweite Höhepunkt des Programms war die Blumenniederlegung am Ehrenmal „Kämpfer- Befreier“ im Berliner Park Tiergarten und die Stadtrundfahrt. Die Reiseroute umfasste alle Sehenswürdigkeiten der deutschen Hauptstadt, vom Reichstag und Alexanderplatz bis zu den Resten der Berliner Mauer und dem historischen Kontrollpunkt „Checkpoint Charlie“ zwischen der DDR und der BRD.
Der Endpunkt war das feierliche Abendessen in einem bayerischen Restaurant. Der Kuray klang, aber diesmal sang man sowohl „Katjuschu“ als auch tatarische Lieder, man äußerte Dankbarkeit, verlieh Geschenke, knüpfte Kontakte, tanzte und aß. Robert Juldaschew vergab Autogramme, die Mädchen — die Lächeln, und die Männer — die Erinnerungen. «Ach wenn wir jetzt in Baschkirien wären…»
Julia Baydzhanova, Mai 2010