Ich finde Deutschland sehr schön und das Leben hier unwahrscheinlich angenehm. Mir gefällt, dass vieles so geordnet abläuft, so strukturiert.
Ein paar ganz simple Beispiele: Ich kann heute schauen, auf welchem Gleis der Regional Express Halle – Leipzig am 31. August 2013 kurz nach 12 Uhr ankommen wird. Oder wenn an einem Geschäft geschrieben steht, dass es von 7 bis 19 Uhr geöffnet hat, dann arbeiten die Verkauferinen auch von 7 bis 19 Uhr.
Natürlich sind das Kleinigkeiten, aber in der Summe machen sie das Leben angenehm und berechenbar – vielleicht sogar ein bisschen langweilig. Manchmal versuchen die Deutschen einfache Sachen so exakt und genau zu regeln, dass es nicht nur für mich, als Ausländer, sondern auch für die Einheimischen albern ist.
Ich möchte dazu ein Beispiel bringen: wie bereits berichtet, war ich am Wochenende in Berlin zum Boxen. In der Nähe der Halle (nicht an der Saale) mussten wir das Auto parken, da fing das Problem schon an. Üblicher Weise ist in der Nacht von Samstag auf Sonntag das Parken kostenlos. Allerdings nicht, wenn eine Veranstaltung dort stattfindet. Dann kostet es offiziell 3€ pro Stunde, und wir mussten dann insgesamt 15€ für unseren Abend bezahlen.
Wir dachten, dass alle Politessen bereits mit einem Feierabendbier in irgendeinem Biergarten in Berlin saßen. So wäre es vielleicht in Russland, aber nicht hier. Hier geht die gute deutsche Beamtin auch Samstagnacht pflichtbewusst ihrem Dienst nach und war obendrein auch noch sehr fleißig. Es hatten nicht nur wir einen Strafzettel, sondern alle ca. 5000 dort parkenden Autos auch.
Als wir nach dem Boxen wieder an das Auto kamen, haben wir uns sehr geärgert. Jetzt kommt aber das Skurille an der ganze Sache. Die Strafe betrug nur 10€. Damit war die Strafe viel billiger als die Parkgebühr. So was versteht kein Deutscher, kein Russe.
Auf dem Strafzettel steht z.B. das Datum, die Uhrzeit zweier Kontrollen (dass wir unseren Wagen in diesem Zeitraum nicht bewegt haben), der Tatort mit Angabe vor welchem Haus das Auto stand, Kennzeichen, Modell des Autos, Tatvorwurf, Strafe, Aktenzeichen, Zeuge und als Highlight hat sie die Positionen der Ventilkappen vermerkt um zu beweisen,dass wir unseren Wagen in diesen Zeitraum nicht bewegt haben.
Wenn ich ehrlich sein möchte und einen Parkticket kaufen will, hätte ich zur Kasse gehen und 15€ in Münzen bezahlen müssen. Die Strafe kann ich aber bequem von zu Hause per Internet überweisen.
Ilia Nasyrov, Juni 2013