Zuerst hörte ich ein komisches Geräusch, das immer stärker wurde. Dann sah ich drei Polizeimotorräder auf dem Marktplatz. Danach erschien ein Haufen Menschen…
Sie gingen mit Plakaten durch die Große Ulrichstraße und schwenkten Spruchbänder. Menschen riefen etwas, Autos hupten, Knarren machten Lärm, von irgendwo waren Megafonstimmen zu hören, die einander scheinbar übertönen wollten, riefen zu etwas auf. Man schlug auf Trommeln… Alle, die es konnten, machten Fotos, Videoaufnahmen – zu diesem Zweck dienten sogar Handys. Leute lehnten sich aus den Fenstern hinaus, wanken den anderen zu.
Die Demonstranten waren bunt gemischt, von durchschnittlichen Bürgern und Müttern mit Kindern bis zu Angehörigen verschiedener Lebenseinstellungen und -richtungen. Es gab sogar Hunde mit Flugblättern. Menschen verschiedenen Alters liefen mit oder fuhren in Rollstühlen hintereinander. Durch Haufen von Menschen fuhr ein Wagen mit Lautsprechern auf dem Dach. Die einen verteilten Flugblätter, die anderen liefen, wie ein Sandwich, am Bauch ein Plakat und am Rücken ein Plakat, wieder andere riefen die Passanten auf mitzudemonstrieren…
Die Demonstration endete an dem Punkt, wo sie anfing, und verwandelte sich zum Meeting vor einem der Martin-Luther-Universitätsgebäude am Opernhaus.
Die Polizei war sehr anständig und hilfsbereit, begleitete ständig die Demonstration, zeigte die Richtung und machte den Weg frei.
Unter dem Motto „Freie Bildung von der KiTa bis zur Uni“ forderten die Demonstranten eine freie und unentgeltliche Bildung. Die Sache ist die, dass die Bildung in Deutschland in den Händen des jeweiligen Bundeslandes liegt. Bis vor kurzem war jegliche Bildung an sich, an öffentlichen Einrichtungen kostenlos, wenn du nicht zu lange studierst (mehr als sechs Jahre) oder eine zweite Hochschulausbildung angetreten hast. Mit der neuen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.01.2005 wurde den Bundesländern die gesetzliche Möglichkeit eingeräumt zu entscheiden, ob sie eine kostenpflichtige Hochschulbildung (an die 1000 Euro im Jahr) einführen oder nicht. Einerseits sollen die Studiengebühren zusätzliches Geld in den Haushalt der Hochschulen bringen (noch werden sie aus dem Landeshaushalt finanziert). Andererseits, werden bei einem solchen Wandel die Finanzmittel vom jeweiligen Bundesland reduziert. Die Universitäten werden jedoch ihr Geld von den Studenten bekommen, die dann den Kürzeren ziehen werden. Und dies gefällt ihnen natürlich nicht – sogar denen nicht, die im Stande sind, die 1000 Euro pro Jahr zu bezahlen, ganz zu schweigen von der Meinung der minderbemittelten Studenten…
Die Demonstration ging dann ruhig zu Ende. Ein kleiner Teil der aktivsten Jugendlichen wollte zwar weitermachen, aber nach einem kurzen Gespräch mit den Polizisten gingen auch sie friedlich davon…
D. Mukhametkulov, A. Vasiliev