Schon als ich hier nach Ufa kam, wusste ich, dass es hier kein Weihnachten geben wird, welches mit dem deutschen Weihnachten vergleichbar wäre. Zum einen war ich mal ganz froh darüber, dem nervigen Weihnachtsgedudel und dem ganzen Weihnachtsrummel zu entkommen. Denn die bereits im September beginnende übertriebene „Vorfreude“, der Verkauf von Pfefferkuchen, Weihnachtsmännern, Nikoläusen, Adventskalendern, Weihnachtsschmuck, begleitet von penetrant nerviger Weihnachtsmusik, meist in Form von „Last Christmas“ ging mir in Deutschland schon manchmal ziemlich auf die Nerven. Aber andererseits wusste ich genau, dass ich Weihnachten und genau diese Rituale, die die Weihnachtszeit mit sich bringt ziemlich vermissen werde. Mit Freunden oder Familie über den Weihnachtsmarkt zu bummeln und lecker Glühwein trinken, das weihnachtliche Schmücken der Wohnung, der Duft von frisch gebackenen Plätzchen, jeden Advent ein Kerzchen anzuzünden, in letzter Sekunde noch die letzten Weihnachtsgeschenke besorgen und natürlich das Basteln für Weihnachten sind die Dinge die für mich bis zu diesem Jahr zu jedem Weihnachtsfest dazu gehörten.
Genauso, wie ich es vermisse diese Rituale mit meiner Familie und meinen Freunden zu teilen, freue ich mich darüber, dass mir die Chance gegeben wurde ein ganz anderes Weihnachten oder besser gesagt Neujahr zu erleben. Denn anstelle des Weihnachtsmannes am Heiligabend kommt hier zum Neujahrsabend Ded Moroz oder auch Väterchen Frost mit einem Sack voller Geschenke. Und auch auf einen Weihnachtsbaum müssen wir hier nicht verzichten, denn der kam vor ca. 200 Jahren nach Russland und zwar aus Deutschland.
Auch darin, dass ich hier keine deutschen Weihnachtsbräuche und Traditionen zelebrieren werde hatte ich mich getäuscht, denn zum einen haben wir Deutschen uns vorgenommen hier unsere Traditionen weiterleben und jeden den es interessiert daran teilhaben zu lassen und zum anderen gibt es hier in Ufa Organisationen, die sich genau damit befassen. Solch eine Organisation ist der Deutsche Club in Ufa, der im März 2005 gegründet wurde. Er entwickelte sich aus Treffen von Deutschinteressierten im Deutschcafé. Das Deutschcafé, welches jeweils aus einem theoretischen Teil und im Anschluss aus einem leichten Imbiss besteht, wurde am 18. Oktober 2004 für Oberschüler, Studenten und Erwachsenen, die Interesse an der deutschen Sprache und Kultur haben, eröffnet. Die Vorsitzende des deutschen Clubs ist die Deutschlehrerin Dr. Olga Kopaneva, die gemeinsam mit der deutschen DAAD- Lektoren Corinna Sons die Vorbereitungen für die Treffen trifft.
Als ich davon hörte, dass ein Deutschcafé mit dem Thema „Basteln für Advent“ stattfinden sollte, war ich natürlich sofort, in Erinnerungen an die Heimat schwelgend, Feuer und Flamme und ließ es mir nicht nehmen, diesem Treffen beizuwohnen:
Schon als ich mit einer Freundin das Zimmer in dem unsere kleine Weihnachtswerkstatt stattfand betrat, erklangen leise Weihnachtsklänge, die das Zimmer in eine gemütliche Atmosphäre tauchten. Die Gruppe von Deutschinteressierten, der ich nun das zweite Mal beiwohnte, war geteilt in 4 kleinere Gruppen, die im Laufe des Abends jeweils unterschiedliche „Weihnachtswunder“ vollbringen wollten. Eine Gruppe beschäftigte sich damit, weihnachtliche Adventskränze herzustellen, während eine andere niedliche kleine Engelchen aus Wolle zauberte. Die zwei verbliebenen Gruppen bastelten mit Papier, Schere und Leim Adventskalender, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch ich gehörte einer Gruppe an, die Adventskalender bastelten. So entstanden, zum einen Adventskalender in Form eines Weihnachtsbaumes mit 24 Fächern für Überraschungen und zum anderen, in meiner Gruppe, Adventskalender mit einem Fensterchen, welches am Heiligabend eine sehr detaillierte, aus vielen Einzelteilen geklebte Weihnachtsgrippe, an der Josef und Marie stehen, offenbaren wird. Nachdem wir bei Liedern wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „O Tannenbaum“ unsere Weihnachtsbasteleien beendet hatten, gab es noch leckeres Essen, Tee, etwas Zeit für Gespräche und der Abend klang langsam aus. Alles in allem muss ich als Deutsche sagen, dass ich mich an diesem Abend vollkommen nach Deutschland versetzt gefühlt habe. Und wenn mir in Deutschland jemand erzählt hätte, dass ich hier in Russland Weihnachtsschmuck, bei deutscher Weihnachtsmusik basteln würde, so hätte ich ihn nicht für voll genommen.
Katrin Hennig, Sergey Simonov